Bergische Entwicklungsagentur: Wuppertal beschließt Evaluation

Am 12. Juli 2010 hat der Rat der Stadt Wuppertal einstimmig beschlossen, dass die Tätigkeit der Bergischen Entwicklungsagentur zu evaluieren ist.

Der verabschiedete Beschluss zur Evaluation der Tätigkeit der Bergischen Entwicklungsagentur GmbH (BEA) wurde dabei folgendermaßen begründet: „Seit ihrer Gründung Mitte 2007 hat die Bergische Entwicklungsagentur eine Vielzahl von Tätigkeiten und Aufgaben für die sie tragenden Kommunen übernommen. In der Vergangenheit ist es allerdings immer wieder zu Diskussionen über die Schwerpunkte, die Tätigkeiten und eine zukünftige Neuausrichtung der BEA gekommen. Nach den drei Jahren seit ihrer Gründung ist es daher an der Zeit, eine Evaluation der gesamten Tätigkeiten der Bergischen Entwicklungsagentur vorzunehmen, und mögliche Weiterentwicklungen aufzuzeigen bzw. anzustoßen.“.

Die erste Diskussion um die Bergische Entwicklungsagentur entstand leider schon direkt beim BEA-Start im Herbst 2007, die ab März 2008 dann auch als mediale Streiterei zwischen dem Bergischen Institut für Produktentwicklung und Innovationsmanagement gGmbH und der Bergischen Entwicklungsagentur fortgesetzt wurde. Geschäftsführer Ralf Assmann vom Bergischen Institut forderte mehrfach über Pressemedien, dass sich die Bergische Region zwischen dem Bergischen Institut und der Bergischen Entwicklungsagentur entscheiden müsse! Im Beitrag „Bergisches Institut ein Anhängsel?“ (Solinger Morgenpost vom 7. März 2008) hieß es dazu: Ralf Assmann ist sauer. „Die müssen ihre Grenzen kennen“, sagt der Geschäftsführer des Bergischen Institutes für Produktentwicklung und Innovationsmanagement mit Blick auf die Bergische Entwicklungsagentur. … „Wir sind das Zentrum für Innovation. Die Region muss sich entscheiden, wen sie fördert.“ Diese medial ausgetragene Streiterei wurde zu allem Überdruss dann auch noch in den Hauptausschuss der Stadt Solingen getragen und in einer Reihe weiterer Pressebeiträge bis zum Oktober 2008 fortgesetzt. In der Folge sind bis heute dann drei weitere Streitereien um die Bergische Entwicklungsagentur über Pressemedien ausgetragen worden (siehe „Corporate Identity des Bergischen Städtedreiecks?“).

Der dem Rat der Stadt Wuppertal bis zum 30. September 2010 vorzulegende Bericht soll nun eine Evaluation von Effizienz und Effektivität der Aufgabenwahrnehmung und Tätigkeit der Bergischen Entwicklungsagentur GmbH beinhalten. Weiter soll der Bericht ein Benchmarking mit anderen NRW-Regionen (Region Dortmund, Euregio Maas-Rhein) enthalten sowie Möglichkeiten der organisatorischen und inhaltlichen Weiterentwicklung der Bergischen Entwicklungsagentur aufzeigen.

Wie kam es zu diesem Ratsbeschluss der Stadt Wuppertal?

Die Bergische Entwicklungsagentur GmbH mit Sitz in Solingen ist Mitte 2007 als Nachfolgeorganisation der Regionale Agentur 2006 gegründet worden und als öffentliche Einrichtung offiziell im Oktober 2007 gestartet. Gesellschafter sind die drei bergischen Großstädte Remscheid, Solingen und Wuppertal, die drei Stadtsparkassen dieser bergischen Großstädte und die IHK Wuppertal-Solingen- Remscheid sowie – etwas später dazu gekommen – die Wirtschaftsförderung Wuppertal AöR. Neben den Restmitteln der Regionale 2006 von rund 2 Millionen Euro für Projekte soll von den Gesellschaftern bis zum Jahr 2014 als festes Budget der Bergischen Entwicklungsagentur über 6 Millionen Euro bereit gestellt werden, insgesamt also rund 8 Millionen Euro.

Im März 2010 berichtete BEA-Geschäftsführer Bodo Middeldorf im Wuppertaler Stadtentwicklungsausschuss über die Ziel-2-Förderung im Städtedreieck, indem er die Arbeit der Bergischen Entwicklungsagentur vorstellte. Zur nächsten Sitzung im Mai 2010 wurde vom Ratsausschuss eine Übersicht über die Ziel-2-Projekte mit Bezeichnung der Akteure und Zeitabläufe erbeten. Die nachgereichte Berichtsvorlage VO/0377/10 beinhaltete eine Liste aller bekannten Ziel-2-Projekte im Städtedreieck. Im Anschluss daran wurde Anfang Juni 2010 der Beschlussantrag VO/0499/10 gestellt, dass ein Evaluationsbericht über die Tätigkeit der Bergischen Entwicklungsagentur dem Rat der Stadt Wuppertal bis zum 30. September 2010 vorgelegt werden soll.

Darüber entbrannte Mitte Juni 2010 die mittlerweile vierte medial ausgetragene Streiterei um die Bergische Entwicklungsagentur GmbH. Diesmal ging der Streit zwischen der IHK Wuppertal-Solingen-Remscheid und der Stadt Wuppertal, die beide selbst auch Gesellschafter der BEA sind, unter anderem auch wieder um den unklaren Auftrag der BEA. Ende Juni 2010 legte dann die IHK Wuppertal-Solingen-Remscheid diesbezüglich nach, indem sie in ihrer Stellungnahme zum Haushaltsplanentwurf 2010/2011 und Haushaltssicherungskonzept die Stadt Wuppertal darauf hinweist, dass die kommunale Wirtschaftsförderung keine Pflichtaufgabe der Stadt ist. Weiter wird darauf verwiesen, dass wohl die Tätigkeit der Wirtschaftsförderung Wuppertal AöR teilweise in Konkurrenz zum bereits bestehenden Angebot der Bergischen Entwicklungsagentur GmbH erfolgt (siehe “Streit um die BEA wird fortgeführt”).

Die am 9. Juli 2010 in Solingen durchgeführte Gesellschafterversammlung der Bergischen Entwicklungsagentur GmbH brachte auch keine Klarheit um den BEA-Auftrag (siehe „Auftrag der Bergischen Entwicklungsagentur weiter ungeklärt“). Am 12. Juli 2010 wurde dann in der Sitzung des Rates der Stadt Wuppertal der Antrag zur Evaluation der Tätigkeit der Bergischen Entwicklungsagentur GmbH einstimmig beschlossen.

Zwischenfazit:

Mehrere Wochen vor dem bekannt gegebenen und gesundheitlich bedingten Abberufungsgesuch des ehemaligen BEA-Geschäftsführers Henry Beierlorzer kündigten beteiligte Streithähne diesen Rücktritt triumphierend an, bezeichnend das jene bis heute eigenständig kaum etwas hinkriegen. Alle bisher an den medial ausgetragenen Streitereien um die Bergische Entwicklungsagentur GmbH beteiligte Akteure haben keinen Grund sich über den selbst ausgelösten Prozess zu beschweren, der nun auch eine Eigendynamik bekommen kann und besser den Standards für Evaluationen genügen sollte.

An den vier über die Pressemedien ausgetragenen Streitereien um die Bergische Entwicklungsagentur GmbH waren bisher fast ausschließlich Akteure beteiligt, die eigentlich in sehr engen organisatorischen Beziehungen zueinander stehen, wie zum Beispiel als gemeinsame Gesellschafter der Bergischen Entwicklungsagentur. Auch eine Art objektives Evaluationsergebnis, welches für sich selbst spricht.

Nach BEA-Geschäftsführer Bodo Middeldorf sieht auch die bisherige Bilanz für ihn gar nicht so schlecht aus, da die BEA bis heute 30 Ziel-2-Projekte an Land gezogen hat. Möglicherweise ist unter anderem das bisher medial ausgetragene Gezänk nur sehr viel Rauch um nichts gewesen, was ein recht aussagekräftiges Evaluationsergebnis über das Handeln der daran beteiligten Akteure wäre.

Der dem Rat der Stadt Wuppertal bis zum 30. September 2010 vorzulegende Evaluationsbericht soll unter anderem eine Evaluation von Effizienz und Effektivität der Aufgabenwahrnehmung und Tätigkeit der BEA enthalten. Hierbei ist zu hoffen, dass durch die scheinbar herrschende Alternativlosigkeit zur regionalen Zusammenarbeit nicht die wesentlichen Evaluationsergebnisse schon von vornherein feststehen oder vorher festgelegt werden.

Das medial ausgetragene Gezänk hat mittlerweile auch Kabarettisten erreicht, so dass die Hoffnung besteht, dass das Handeln der beteiligten Akteure im Weiteren zumindest so „evaluiert“ wird (siehe „Wer will schon Arbeits-Nachweise?“, WZ vom 9. Juli 2010). Hochwahrscheinlich wäre dies nicht die schlechteste Art objektive Evaluationsergebnisse zu erarbeiten und kann eine Kontrollfunktion darstellen.

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Kommentare

  1. Die Gründung der Bergischen Entwicklungsagentur (BEA) war von Anfang an eine Missgeburt. Sie erfolgte nicht aufgrund einer sorgfältigen Bedarfsanalyse, sondern weil einige Stadtverordnete unbedingt eine Anschlussbeschäftigung für den Geschäftsführer der Regionale 2006 Agentur, Beyerlorzer, suchten. In typisch bergischer Eigenbrötelei wurde dann ein Sammelsurium von Aufgaben und Erwartungen zusammengestrickt, das auch ein Herkules nicht einlösen könnte. In ebenfalls bekannter Manier wurden dann die üblichen Verdächtigen als Gesellschafter verhaftet; es fehlte lediglich die WSW, die Uni lehnte dankend ab. (Beyerlorzer erkannte schnell, dass er auf einem Schleudersitz gelandet war und warf das Handtuch). Auch bei dem jetzt bestellten Gutachten, das im Hau-Ruck-Verfahren zusammengeschrieben werden soll und dessen Ergebnis schon im Auftrag festgeschrieben ist, geht es nicht um objektive Analyse, sondern um Flurbereinigung im Interesse der Antragsteller CDU und SPD. Erforderlich wäre es vielmehr, den gesamten Wildwuchs von G.m.b.H.’s, AÖR’s, Agenturen, Verwaltungsstellen und Instituten auf kommunaler und regionaler Ebene auf den Gebieten von Wirtschaftsförderung, Tourismus Innovation, Regionalentwicklung Projektaquisition usw. mit fester Hand zu durchforsten und auszulichten. Aber dazu fehlt natürlich jeder politische Wille. Ohne eine radikale Reorganisation dieses Bereichs einschließlich einer professionellen Repräsentanz in den Verwaltungsvorständen der beteiligten Städte wird aber der Strukturwandel im Bergischen nicht vorankommen.

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