Orangen – süß und bitter: trennend und verbindend

Dass die Orangenernte ein „dreckiges“ Geschäft ist, bei dem die Reichen gewinnen und die Armen verlieren, ist vielen Deutschen nicht klar, wenn sie Südfrüchte zu Schleuderpreisen kaufen. Unser „süßes“ Leben beruht auf dem “bitteren“ von ausgebeuteten Migranten und Flüchtlingen.


Wie die ARD-Doku „Europas dreckige Ernte“ sagt, ist die rücksichtslosen Ausnutzung der Verhandlungsmacht durch deutsche Supermarktketten eine der Quellen der Verelendung migrantischer Erntearbeiter in Südeuropa – Spanien und Italien. Und die Doku legt nahe, dass diesem Treiben auch deshalb kein Ende gesetzt werden kann, weil die Landwirtschaftsförderung der EU schematisch nach Anbaufläche erfolgt. Weil aber Nachhaltigkeit auf drei Säulen beruht – außer Ökonomie auch Ökologie und Soziales –, macht das den Eindruck, dass die europäische Nachhaltigkeitsstrategie nachbesserungsbedürftig ist.
Als weitere Quelle des Übels erscheint das Dublin-Abkommen: Flüchtlinge müssen innerhalb der EU in dem Land bleiben, in dem sie angekommen sind. Für Afrikaner sind das vor allem Spanien und Italien. Es gibt mehrere Gründe, aus denen Migranten eine Aufenthaltserlaubnis gewährt werden kann. Wenn bei Migranten nach Auffassung der Verwaltung keiner davon vorliegt, werden sie zur Ausreise aufgefordert. Aber auch hier gilt: „Ohne Moos nichts los.“ Die Migranten, die schlicht kein Geld für eine Rückreise haben, bleiben als „Illegale“ und somit Rechtlose im Land. Sie leben in Slums, „im Elend“. Aber oft gibt es keine „Tante Hanna“, die sich liebevoll um sie kümmert. Aber manchmal tut das eine „Tante Ethika“, die sie Hoffnung schöpfen lässt: die Hilfsorganisation „Mediterranean Hope“ mit ihrer solidarischen Lieferkette „Ethika“ für Früchte nach Deutschland. Die deutschen Abnehmer werben mit dem Slogan „Orangen – süß statt bitter“. Dieses Mal geht es aber um ein „süßes“ Leben der meist migrantischen Erntearbeiter.
Im Grunde brauchen wir eine Neuauflage des „Elberfelder Systems“ der Armenfürsorge, das im 19. Jahrhundert das Vorbild unserer Sozialversicherung war – allerdings in einem erweiterten Rahmen. Es geht darum, nicht nur vom „Staat“ zu fordern, dass er Maßnahmen ergreift, diese Missstände zu beheben. Starke zivilgesellschaftliche Gruppen müssen Eigeninitiative zeigen, den Ball aufnehmen, der ihnen von landwirtschaftlichen Erzeugern in Südeuropa zugespielt wird: ein selbstorganisiertes Abnehmernetzwerk bilden für die Produkte von Kleinbauern und Genossenschaften, die traditionelle oder Bio-Landwirtschaft betreiben.
Als Anstoß dafür könnten drei Veranstaltungen in Wuppertals Osten dienen:
„‚Mediterranea‘ und ‚Mediterranean Hope‘“- Antworten auf die Frage: „Warum Orangenaktionen ?“ am 18.02.2023 um 17:00 Uhr im Stadtteilzentrum Heckinghausen,
„‚SOS Rosarno‘ und ‚Mani e Terra“ – Antworten auf die Frage; „Was ist Besonderes an >Kalabrien?“ am 25.02.2023 17:00 Uhr im Caffé Calabria, Wichlinghauser Straße 71 und
„‚Europas dreckige Ernte‘ und ‚Bittere Orangen‘“- Antworten auf die Frage: „Wo überall ist Hilfe nötig?“ am 04.03.2023 17:00 in der Färberei in Oberbarmen
Es gibt Hoffnung, dass das Thema „Orangen“ nicht nur trennen, sondern auch verbinden kann. Denn der Wirt des Caffé Calabria stammt aus Rosarno (Kalabrien). Er weiß, dass die Initiative „SOS Rosarno“ nach rassistischen Unruhen in seiner Heimatstadt entstanden ist und deren wirtschaftlicher Arm „Mani e Terra“ eine solidarische Genossenschaft ist. Wenn in Wuppertals Osten deutsch- und iItalienischstämmige Einwohner in Fragen des Direktimports von Orangen aus Kalabrien zusammenarbeiten, kann das eine neue Verbindung stiften zwischen heimatverbundenen italienischstämmigen Oberbarmern, die stolz sind auf die hohe Qualität der dortigen landwirtschaftlichen Produkte, und solchen deutschstämmigen Oberbarmer , die nach dem Motto verfahren: „Global denken, lokal handeln!“

// Hinzufügen fixer Banner der Mediengruppen-Seiten

Kommentare

Neuen Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.