Früher war mehr Moped

Sein „opus magnum“ hat der Kölner Lehrer, Schriftsteller und Cornwall-Enthusiast Armin Foxius jetzt vorgelegt. An seinen in einem Jahr gesammelten „Betrachtungen, Bemerkungen, Ansichten, Einblicken“ lässt uns der 1949 Geborene teilhaben.

Foxius, in seiner Jugend in Belgien lebend, dann zur Schule gegangen in Bad Münstereifel, ist ein aufmerksamer, leidenschaftlicher und mitfühlender Betrachter seiner Zeit, der aus seiner sozialistischen Einstellung keinen Hehl macht, aber auch gut mit Konservativen umgehen kann. Vice versa.

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Mit dem Rezensenten gemeinsam ist er einige Jahre im Münster in der Eifel zur Schule gegangen und hatte, zwei Jahre später mit dem Zeugnis der Reife versehen, eine Reihe bemerkenswerter Lehrer gemeinsam, von denen an dieser Stelle nur der Fachlehrer für Deutsch und Geschichte, Heinz Küpper, der einige Romane geschrieben hat, die nach Jahrzehnten ihre Frische nicht verloren haben, und der Studiendirektor August Guddorf erwähnt werden sollen. Dass der „Dürener Schnellinger“, Blondschopf und früher Italien-Export, mehrfach erwähnt und Georg Britting hervorgehoben wird, mag zusätzlich für Foxius einnehmen.

Die Mischung macht es: Leichthin berichtet, erzählt, resümiert und phantasiert Foxius über Weltbewegendes und kaum der Erwähnung Wertes, aber auch dies mit Mutterwitz, auf dass der Leser seinen Gewinn habe. Auch tragische Vorfälle werden nicht ausgespart, so der Tod eines Schulkollegen und Alkoholikers, Percy genannt. Zuletzt sieht er, Armin, ihn, Percy, in einer überfüllten Straßenbahn,

eine Bierflasche in der Hand, krakeelend, Leute anpöbelnd: Ihr seid alles Arschlöcher, würgend. Der Verf. zog sich zurück; da hat der Verf., ich, den Freund verraten

(S. 173). Es ist wichtig, dass „der Verf.“ dies notiert und über den kurzen Augenblick rettet, nicht nur, weil es eine kleine Schande ist, sondern weil jeder seinen Percy hat.

Foxius ist 1968-geprägt und hat eine solide Antikriegseinstellung. Es geling ihm, auf etwas mehr als einer Druckseite eindrucksvoll „kleine Kriegsgeschichten“ zu rapportieren: Den Text auf S. 44 f. kann man sich von einem Schauspieler deklamiert vorstellen, den Zuhörern jeden Spaß an der nächstfälligen Erhöhung des Wehretats nehmend. Man lese in diesem Zusammenhang auch Passagen auf den Seiten 196 f. und S. 315. Der Militarismus wird dann überwunden sein, wenn deutsche und andere Verteidigungsminister Bücher wie dasjenige von Armin Foxius in die Truppenbibliotheken einstellen lassen.

Man darf nicht jeden Gaul zu Tode reiten, nicht jeden Kamm bis zum letzten Zahn und Zinken nutzen

(S. 299), aber Foxius tut es, Gottseidank, und konfrontiert uns mit den Namen von Friseugeschäften all over the world: Die „hair stop“ und „Hair Perfect“ und „Hair Gott“ haben es ihm angetan, und wer jemals eine Sittengeschichte des Cutterhandwerks schreibt: Hier wird ihm geholfen.

Hübsch die Liste der Romananfänge, die er gesammelt hat, die Alltagsbeobachtungen über den Preis eines Stielkoteletts oder den Wert und Unwert der Einrichtung oder der Bibliothek für einen selbst oder die Allgemeinheit, den Sinn und Unsinn des Bügelns der Unterwäsche oder der Nassrasur oder die Verwechslung von Händel und Hendl: Verfasser und Rezensent mögen beides.

Ein Vademecum für Ältere: „Das tröstliche bei Arztbesuchen ist oft, dass man Menschen begegnet, denen es noch schlechter geht“ (S. 81). Und – die Aufzählung von Einfällen sei hiermit beendet – das Nachdenken über die sinkende protestantische Arbeitsmoral und den Rückgang des Glaubens. Foxius, wie gesagt, ist in Köln geboren und lebt dort wieder seit Jahrzehnten.

Er beklagt an einem Beispiel von Heinz Küpper die Arroganz von Lektoren. Aber wir wollen an dieser Stelle ein gutes Wort für sie einlegen, hätten sie doch an – Ehrenwort! – wenigen Stellen des Foxius-Werks Einspruch eingelegt: bei der mehrmaligen Erwähnung der „Apotheken-Umschau“ und von Effenbergs Stinkefinger hätte einmaliges Anführen genügt. Für Heinrich Heine und dem Friedhof Montmartre gilt das nicht, weil Leserin und Leser jedes Mal etwas Neues dazu einfällt.

Wer zehn Euro über hat: Mit dem Erwerb dieses Buchs ist eine glänzende Investition verbunden. Vielen Dank, Armin. MATTHIAS DOHMEN

Armin Foxius, Opus magnum. Kleinigkeiten, München: Amazon 2021, ISBN 979-8-512371-55-8 (Achtung: Kein Tippfehler), 330 S., Euro 10,00 (E-Book/Kindl Euro 4,99), www.amazon.de, www.foxius.de.

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