Kontroverse Diskussion über Schuldenabbau und kommunale Haushaltsdisziplin

"Es kann nicht sein, dass Städte durch Hilfe noch belohnt werden, die nur durch allzu sorglosen Umgang mit Steuergeldern in die Miesen geraten sind", so kontert der ehemalige Landesbauminister Oliver Wittke die Forderung des Wuppertaler Kämmerers Johannes Slawig nach Finanzhilfen des Landes. Beide trafen am 5. Mai bei einer Podiumsdiskussion in Düsseldorf aufeinander.

v.l.n.r.: Ex-Minister Oliver Wittke, Dr. Michael Thöne, Geschäftsführer des Finanzwissenschaftlichen Forschungsinstitutes (FiFo) der Universität zu Köln, Wuppertals Kämmerer Dr. Johannes Slawig.v.l.n.r.: Ex-Minister Oliver Wittke, Dr. Michael Thöne, Geschäftsführer des Finanzwissenschaftlichen Forschungsinstitutes (FiFo) der Universität zu Köln, Wuppertals Kämmerer Dr. Johannes Slawig.

Deutschlands Städte dürfen nicht weiter unter ihren Schulden ersticken – dieses Fazit nahmen die rund 80 Gäste des Wirtschaftsgesprächs DEAL TALK mit. Über die Frage, wie sich die Schuldenberge der Städte in Nordrhein-Westfalen am besten abtragen lassen, lieferten sich der frühere Landesbauminister Oliver Wittke (CDU), Sprecher der NRW-Landtagsfraktion im Ausschuss für Wirtschaft, Mittelstand und Energie sowie Mitglied der Geschäftsführung der Hellmich-Gruppe, und Dr. Johannes Slawig (CDU), Stadtdirektor und Kämmerer des mit 1,8 Mrd. verschuldeten Wuppertal, einen lebhaften Schlagabtausch. Slawig fordert, das Land solle den Städten bei der Finanzierung der Altschulden unter die Arme greifen: „Wir sind bereit, künftig mit harten Einschnitten ohne Neuverschuldung auszukommen. Das können wir politisch gegenüber den Bürgern aber nur durchsetzen, wenn wir den Ballast der Altschulden abgeben und dadurch das Licht am Ende des Tunnels sehen.“ Die Schließung von Bädern sowie des Schauspielhauses stehen auf der langen Streichliste des Kämmerers. Wittke konterte: „Die Kassen des Landes sind auch leer. Es kann nicht sein, dass Städte durch Hilfe noch belohnt werden, die nur durch allzu sorglosen Umgang mit Steuergeldern in die Miesen geraten sind.“ Einig waren sich die Parteifreunde aber, dass die Schuldenbremse – also ein Verbot der Neuverschuldung – für Land und Kommunen in NRW eingeführt werden muss.

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Moderatorin Anné Schwarzkopf (links) mit den Diskutanten Oliver Wittke, Dr. Michael Thöne, Dr. Johannes Slawig, Monica A. Schulte Strathaus, Ko-Moderator Dr. Willi Keinhorst.Moderatorin Anné Schwarzkopf (links) mit den Diskutanten Oliver Wittke, Dr. Michael Thöne, Dr. Johannes Slawig, Monica A. Schulte Strathaus, Ko-Moderator Dr. Willi Keinhorst.

Monica A. Schulte Strathaus, Partnerin bei Ernst & Young Real Estate und Expertin für Öffentlich-Private Partnerschaften (ÖPP), schlägt vor, Kommunen sollten das Modell ÖPP intensiver nutzen als bisher. „Dadurch lassen sich beim Neubau oder Betrieb kommunaler Einrichtungen Millionen einsparen, in manchen Fällen bis 20 Prozent der Ausgaben.“ In Frankreich und Großbritannien seien bereits ein Viertel aller kommunalen Projekte derartige Partnerschaften, in Deutschland erheblich weniger. Den Einwand Slawigs, dass diese Millionen angesichts der Milliardenschulden nur „ein Tropfen auf dem heißen Stein“ seien, lässt die Unternehmensberaterin nicht gelten: „Natürlich muss man immer im Einzelfall die Wirtschaftlichkeit prüfen und man kann Haushalte damit nicht komplett sanieren. Aber irgendwo muss man ja mal mit dem Sparen anfangen.“

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Quelle (Text und Foto): Pálffy + Thöne via PR-inside (vollständige Pressemitteilung)

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Kommentare

  1. Aus dem Handelsblatt-Artikel „Tricksen, tarnen – wie Kommunen gegen leere Kassen kämpfen“ zum Thema PPP:

    „Durch die vielfältigen Formen von Firmen und Beteiligungen schafft sich eine Kommune erhebliche buchhalterische Freiräume“, sagt der Ökonom Clemens Fuest.

    Da werden Kosten kleingerechnet, zu Tochterunternehmen oder an Investoren verschoben, in die Zukunft verlagert. 54 Prozent der Investitionen deutscher Kommunen finden außerhalb ihrer Haushalte statt, hat die Bertelsmann-Stiftung errechnet, und 50 Prozent ihrer Personalausgaben.

    Der Kaiser steht nackt da, aber er scheut nicht das Risiko. In Mülheim lässt sich das derzeit besonders gut beobachten.

    Geht der Investor pleite, bleibt die Stadt auf allen Kosten sitzen.

    Quelle: http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/beispiel-muelheim-tricksen-tarnen-wie-kommunen-gegen-leere-kassen-kaempfen%3B2575555

  2. Die Privatisierung öffentlicher Aufgaben durch PPP-Modelle, die in Großbritannien besonders weit fortgeschritten ist, erweist sich zusehends nicht als Sparmodell für die öffentliche Hand, sondern als Gelddruckmaschine für die privaten Investoren. Mittel- und langfristig zahlen die Bürger deutlich mehr für die Leistungen. Die Preise der privatisierten Berliner Wasserbetriebe sind beispielsweise die höchsten in der ganzen Republik.

    Gestern hat der konservative Londoner Oberbürgermeister Boris Johnson bei der privatisierten U-Bahn die Notbremse gezogen und eine Rekommunalisierung vereinbart:

    Zitat: In a nutshell, Boris is paying £310 million to buy out Tubelines, the umbrella group for Bechtel and Ferrovial that was charged with upgrading the Tube.

    As a result, Transport for London will now directly control the works with no middle man and no punishing management fees. With TfL having an excellent debt rating, it also means lower debt repayments over the long term.

    More importantly for passengers, it means that Tube line closures can be slashed to fit with TfL’s wishes rather than the convenience of the private sector contractors. I’m told it will mean 84 closures for works will now be reduced to just 12.

    With Metronet also collapsed, it means that Boris has done something that Red Ken never managed to do (but dearly wanted) – scrap one of the worst value PFI-style schemes in history.
    http://waugh.standard.co.uk/2010/05/breaking-news-boris-collapses-the-tube-ppp.html

    Wir sollten von den Erfahrungen der Briten lernen bevor wir die gleichen Fehler begehen. Die unseligen Cross-Border-Leasingverträge sollten uns ein Lehre sein!

    1. Andy Dino Iussa sagt:

      Völlig richtig. Und Herr Wittke weiß das natürlich auch, schließlich hat er da als OB eigene Erfahrungen mit dem Sachs-Haus in Gelsenkirchen sammeln können. Bei der Sanierung des Baus hat sich die Stadt in desaströse, stetig steigende Verbindlichkeiten gestürzt, profitiert hat nur der private Partner. Olle Kamellen, aber hier wird deutlich, wie hoch der Grad an Seriosität bei Herrn Wittke einzuschätzen ist. Er betreibt puren Lobbyismus, schließlich ist er Geschäftsführer im Baukonzern Hellmich-Gruppe. Und der spricht von sorglosem Umgang mit Steuergeldern? Unfassbar, diese Chuzpe. Solchen Leuten gehört das Handwerk gelegt.

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