27.03.2019

Die Verhinderer

Warum Deutschland bei der Infrastruktur immer weiter zurückfällt:

Es kann der frömmste nicht in Frieden leben…

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Dieser Satz bewahrheitet sich weltweit nirgendwo so intensiv wie in Deutschland. Nicht nur die private Bautätigkeit wird durch ein umfangreiches Regelwerk zum Baunachbarrecht behindert, auch öffentliche Vorhaben „erfreuen“ sich einer immer intensiveren Begleitung durch die interessierte Öffentlichkeit, wobei mittlerweile nahezu alle Versuche, durch vorgezogene Öffentlichkeitsbeteiligungen Akzeptanz und Rechtsfrieden herzustellen, als gescheitert angesehen werden können. Kaum ein öffentliches Vorhaben kann mehr verwirklicht werden, ohne beklagt oder von einer lautstarken „Dagegen“-Initiative bekämpft zu werden. Die offensichtliche Widersprüchlichkeit des eigenen Verhaltens wird dabei konsequent ausgeblendet. Natürlich sind wir für den Ausbau erneuerbarer Energien, aber muss ein Konverter in der Nähe sein?  Oder: Alle beschweren sich über schlechten Handy-Empfang aber ein Mobilfunkmast nahe der eigenen Wohnung: Ooouuuhhhh, Elektrosmog!

Besonders heftig bekämpft werden hier Bahnbau-Projekte, wie unsere Seilbahn. Die Gegnerschaft ist dabei leicht auszumachen. Anwohner, zumeist Eigenheim-Besitzer entlang der Strecke, die durch jahrelange ausschließliche Autonutzung jede Beziehung zum Bahnverkehr verloren haben und die Notwendigkeit eines Ausbaus für diesen Verkehrsträger grundsätzlich bezweifeln. Um nicht in Verdacht zu geraten, ausschließlich im persönlichen Interesse zu handeln, bemühen sie eine breite Palette von Bündnissen und mehr oder weniger stichhaltigen Argumenten, die sich jedoch meistens auf ein Anzweifeln der durch die Planer ermittelten Zahlen beschränken. Von der eigenen Sachkompetenz ist man dagegen durchaus überzeugt. So wird z.B. im Inntal allen Ernstes eine künftige Zunahme des Bahnverkehrs bestritten, obwohl der auf österreichischer Seite anschließende Brenner-Basis-Tunnel bereits im Bau ist. Gegen die Fehmarn-Belt Querung gibt es auf deutscher Seite 12.000 Einwendungen, auf dänischer Seite 42.

Die Argumente:

Geldverschwendung, zu teuer:

Es gilt die Grundregel: „Ein Projekt das einem nicht passt ist grundsätzlich zu teuer.“ Das gilt dann unabhängig von den tatsächlichen Kosten und Finanzierungsmöglichkeiten. Dazu wird dann meist mit dem Begriff „Wir armen Steuerzahler“ die Mitleidskarte gespielt und auf diese Weise Solidarisierung erzeugt. Es gipfelt sodann in dem griffigen Ausspruch „Geschenkt ist noch zu teuer“, lästige Sachdiskussion beendet.

Überflüssig, brauchen wir nicht!

Wer ein Verkehrsmittel, Kultureinrichtungen, Sportstätten oder andere Infrastruktur selbst nicht nutzt, sieht nicht ein, dass diese für andere nützlich und notwendig sein könnten. Das eigene Verhalten wird somit auch der übrigen Stadtbevölkerung unterstellt, genauer gesagt man meint, es der übrigen Bevölkerung aufzwingen zu dürfen. Gegenargumente im Sinne einer langfristigen und nachhaltigen Entwicklung haben bei einer derart pauschalen Sichtweise kaum Chancen überhaupt Gehör zu finden. Auch durch Zeitablauf ändert sich die Haltung zu öffentlichen Einrichtungen. Sind die eigenen Kinder erst groß genug, mutiert die nahe Kita für die man jahrelang gekämpft hatte, zu einer unzumutbaren Lärmquelle, deren Schließung man notfalls gerichtlich durchsetzt.

Die „bessere“ Verkehrslösung:

Es ist immer wieder bemerkenswert, mit welchem Einsatz Verhinderungs-Initiativen sich in Planungsgrundlagen und Angebotskonzepte eines Verkehrsträgers versuchen einzuarbeiten und die in langen Abstimmungsprozessen erarbeiteten Konzepte verwerfen und –meist wenig durchdachte- Alternativen präsentieren. Die Vorschläge von Gartenbesitzern im Hamburger Norden, die keine Flächen für ein 2.Gleis abtreten wollten, hätten eine Umplanung weiter Teile des S-Bahn-Netzes bedeutet. Wird ein Projekt dann wunschgemäß abgelehnt, endet schlagartig das Engagement für eine bessere Lösung.

Persönliche Ausgrenzung:

Ein mittlerweile leider gängiges Motiv in der politischen Auseinandersetzung ist die Ausgrenzung von Personen, die anderer Meinung sind oder sich einmal kritisch zu Wort gemeldet haben, häufige Beispiele: „Dieser abgehobene Professor“, „die Politiker“, „der korrupte Vorstand“… Demgegenüber erfolgt dann der Schulterschluss der „besorgten Bürger“ oder „der Steuerzahler“, womit man ein weiteres Mal eine Diskussion emotionalisieren und auf der Sachebene beenden kann. Jüngstes Beispiel aus Cronenberg: „Zugezogene haben hier nichts zu sagen“.

Die Akteure:

Die Anlieger:

Diese sind regelmäßig aus persönlicher Betroffenheit Initiatoren der Verhinderungs-Initiative. Die mittlerweile gesetzlich vorgeschriebene vorgezogene Öffentlichkeitsbeteiligung soll gerade diesen Personenkreis fundiert informieren und für eine Sachdiskussion gewinnen. Mitspracherechte werden eingefordert und auch wahrgenommen, dies jedoch häufig allein mit dem Ziel der Verhinderung.

Die, die es „denen da oben mal zeigen wollen“:

Hier entladen sich die vielzitierten „Wutbürger“, die sich nicht lange damit aufhalten, ein öffentliches Vorhaben zu verstehen. Dagegen sein ist Trend, nicht lange Nachdenken, Diskussion: überflüssig.

„Spin doctors“:

Um ihren Argumenten eine fundierte Basis zu geben, engagieren die Gegner häufig Wissenschaftler, oder diese melden sich von sich aus zu Wort. Der Verweis auf den akademischen Titel wird verbunden mit einem umfangreichen Zahlenwerk, das zunächst beeindruckt und Verwirrung stiftet. Bei näherer Betrachtung erweisen sich diese Rechenmodelle jedoch entweder als ganz oder teilweise falsch oder nicht im Sinne der Verhinderer aussagefähig. Es lohnt sich also für Projektträger und Befürworter, hier tiefer einzusteigen, damit ist zwar ein gewisser Aufwand verbunden, der Gegenbeweis gelingt jedoch –wie im Fall unseres Seilbahnprojekts- fast immer.

Altgediente Politiker (i.d.R. männlich):

Diese haben in der Vergangenheit aus heutiger Sicht falsche Entscheidungen verantwortet, haben sich aber bis heute notorisch sich nichts vorzuwerfen und blockieren mit dieser Haltung in den politischen Gremien notwendige Korrekturen bzw. Reparaturen.

Umweltverbände / -büros,

die bei der Vergabe der vorlaufenden Umweltverträglichkeitsstudien den Auftrag nicht erhalten haben, unterstützen nunmehr die Gegner, auch mit der Absicht, den erfolgreichen Wettbewerber schlecht aussehen zu lassen und damit die eigenen Chancen bei künftigen nächsten Auftragserteilungen zu erhöhen. Um die Angst zu schüren, werden mit dem Projekt angeblich verbundene Gesundheitsgefahren heraufbeschworen (Strahlenschäden, Lärmbelästigungen…)

Ergebnis:

Das Entstehen einer Verhinderungs-Initiative bei öffentlichen Bauprojekten ist ebenso vorhersehbar wie mit Mitteln der fairen Sachargumentation kaum zu beenden. Im Vergleich zu dem zur Zurückhaltung verpflichteten Projektträger nutzen die Verhinderer alle Mittel der medialen Präsenz und sind damit durchaus in der Lage eine positive öffentliche Meinung in ihrem Sinne zu drehen und dies auch noch als dem Wohl der Stadt dienend zu verkaufen. Presseorgane, die auf Verkaufseinnahmen angewiesen sind, geraten dabei unter Druck, den lautstarken Aktionen über Gebühr Aufmerksamkeit zu  schenken, Skandalisierung bringt Auflage. Lassen wir uns nicht beirren: das Seilbahnprojekt ist sinnvoll durchgeplant und wirtschaftlich zu bauen und zu betreiben. Stimmen Sie mit JA!

 

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Kommentare

  1. Axel Sindram sagt:

    Das unterstellen wir auch nicht. Es geht allgemein um das Phänomen der in Deutschland leider so weit verbreiteten Verhinderungskultur

  2. J. Geißler sagt:

    Ich würde die Anlieger nicht pauschal als Verhinderer über einen Kamm scheren. In der Südstadt wohnen doch auch viele Studenten.

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