Abschied nach 40 Jahren Diakonie

Ulrich Liebner wird am 30. November um 14 Uhr in der CityKirche Elberfeld offiziell verabschiedet.

Foto: Bettina Osswald

Herr Liebner, Sie sind seit 40 Jahren, bei der Diakonie Wuppertal tätig. Am 30. November werden Sie in der CityKirche Elberfeld in den Ruhestand verabschiedet. Wie fühlt sich das an?
Ulrich Liebner:
Das ist ein bisschen so wie bei den Sportlern, die nach dem Zieleinlauf noch außer Atem nach ihren Emotionen gefragt werden (lacht). Ich habe noch nicht ganz realisiert, dass ich bald nicht mehr hier arbeiten werde. Auf alle Fälle sind das zwiespältige Gefühle. Es gibt immer wieder Situationen und wiederkehrende Routinetermine, bei denen ich denke: „Ok, das war jetzt das letzte Mal, in dieser Runde werde ich nicht mehr auftauchen. Jetzt wird’s ernst.“ Aber ich freue mich auch, vor allem auf die ungestörte freie Zeit. Ich möchte ein wenig mehr Ruhe und Zeit finden, über Vieles nachzudenken, nicht mehr so ‚getaktet‘ sein.

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Das klingt wehmütig…
Ulrich Liebner:
Ganz klar ergreift mich etwas Wehmut. Es ist etwas anderes, als für ein paar Wochen in den Urlaub zu gehen. Alles in allem war es eine gute Zeit.

Was hat Ihnen denn besonders viel Freude bereitet – und was gar nicht?
Ulrich Liebner:
Im Diakonie-Team gab es immer Kolleginnen und Kollegen, die bereit waren, Neues auszuprobieren und Dinge zu entwickeln, zum Beispiel die Elternschule, zuvor die SPFH, die frühen Hilfen u.v.a.m. Das hat mich sicher am meisten bereichert. Wir konnten gemeinsam viele Ideen entwickeln und umsetzen. Schwierig für mich war 2001. Das war eine schwere, belastende Zeit (Anm.: Ermittlungen gegen den ehemaligen Diakonie-Chef im Rahmen des GWG-Skandals). 2014 ging es den evangelischen Kindergärten finanziell sehr schlecht. Ihre Übernahme durch die Diakonie war eine große Herausforderung. Dank des Zuspruchs und der finanziellen Zuwendungen des Kirchenkreises sowie der Bereitschaft der Mitarbeiterinnen, einen erneuten Betriebsübergang mitzugehen, stabilisierte sich die Situation. Die „Kitastrophal-Kampagne“ hat uns auf vielen Ebenen Rückenwind gegeben. Heute können wir es wagen, den Aufbau neuer Einrichtungen in Angriff zu nehmen.

Worauf sind Sie rückblickend besonders stolz?
Ulrich Liebner:
Ich bin froh, dass ich 40 Jahre die soziale Gemeinschaft in Wuppertal mit gestalten konnte. Ich habe viel gelernt, Manches eingesteckt und ich hoffe, dass ich meinen Mitstreiterinnen und Mitstreitern ein guter Kollege gewesen bin.

Hatten Sie von Anfang an eine enge Bindung zur Kirche?
Ulrich Liebner:
Ehrlich gesagt, nein. Anfangs war es mir fast unangenehm zu sagen, dass ich bei der Diakonie arbeite. Kirche war damals nicht so angesagt. Als ich bei meinem Vorstellungsgespräch – typisch für Wuppertal – gefragt wurde, ob ich zu einer lutherischen, reformierten oder unierten Gemeinde gehöre, wusste ich darauf erstmal keine Antwort. Eine besondere Rolle spielte mein erster Kirchentagsbesuch in Hamburg 1981. Das war für mich ein prägendes Erlebnis. Als Konsequenz haben meine Frau und ich in Wuppertal eine evangelische Gemeinde gesucht und bei Pfarrer Bukowski in der Alten Reformierten Kirche (jetzt CityKirche Elberfeld) gefunden. Später wurde mir bewusst, dass auch meine Laufbahn bei der Diakonie absolut konsequent war: Meine Mutter war nicht berufstätig, aber immer für die evangelische Frauenhilfe und die Kirchengemeinde aktiv. Der evangelische Geist war zu spüren, auch wenn bei uns zu Hause nicht viel darüber geredet wurde… Ich bin froh, dass ich zu einer lebendigen Gemeinde gehöre, selbst wenn ich mir wenig Zeit nehmen konnte, aktiv zu sein. Auch hier gibt es für mich mehr Möglichkeiten, wenn ich die Arbeit bei der Diakonie niedergelegt habe.

Haben Sie schon Pläne für die Zeit nach der Diakonie? Und worauf freuen Sie sich besonders?
Ulrich Liebner:
Am Montag nach meiner Verabschiedung geht es mit dem Nachtzug nach Venedig. Das ist natürlich ein schöner Einstieg! Ich freue mich vor allem darauf, mehr Zeit mit meiner Familie und meinen Freunden zu verbringen. Viele haben meine Arbeit in all den Jahren immer voll und ganz mitgetragen. Außerdem fahre ich gerne Motorrad und spiele Tennis – beides möchte ich in Zukunft häufiger und intensiver machen. Ich möchte neue Themen für mich finden.

Zu guter Letzt: Was wünschen Sie der Diakonie und den Mitarbeitern für die Zukunft?
Ulrich Liebner:
Ich wünsche den Menschen in der Diakonie, dass sie sich gegenseitig stärken und gemeinsam für die großen und kleinen Bürgerinnen und Bürger Wuppertals da sind, dass sie, denen Gehör verschaffen, die dies von alleine nicht können und kluge Konzepte für gerechte soziale Verhältnisse realisieren.

Das Gespräch führte Nikola Dünow
Foto: Bettina Osswald
Das Interview ist im Diakonikus 2/2018 erschienen und wurde leicht gekürzt.

 

Ulrich Liebner wird am 30. November um 14 Uhr in der CityKirche Elberfeld offiziell verabschiedet.

40 Jahre lang hat Hans-Ulrich Liebner zunächst in der Diakonie Elberfeld und – nach der Fusion 2005 – in der Diakonie Wuppertal als Diplom-Sozialarbeiter, Supervisor, Geschäftsführer die sozial/diakonische Arbeit im Kirchenkreis Wuppertalengagiert, stabilisierend und zukunftsweisend mitgeprägt, davon rund 30 Jahre in Leitungsverantwortung.

Hans-Ulrich Liebner kann somit auch auf 40 Jahre Geschichte der Sozialen Arbeit in NRW und in unserer Stadt zurückblicken, auf 40 entscheidende Jahre: von der Bezirkssozialarbeit über die Neuordnung der Sozialen Dienste in Wuppertal bis hin zur Entwicklung von GmbH-Strukturen und ausdifferenzierten Fachleistungssystemen – von eher amtlich organisierter Sozialarbeit hin zu kunden- und bedarfsorientierten Hilfe- und Beratungsangeboten. Zum Ende dieses Jahres wird Herr Liebner nun in den Ruhestand gehen.

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