27.05.2016

Heiter bis holzig

Der Barmer Bahnhof war das richtige Ambiente für eine Zeitreise in die Kindheit des in Bonn lebenden Autors, der sein Buch „Als Strohhalme noch aus Stroh waren: Eine Kindheit in Südtirol“ vorstellte.

Wenn Konrad Beikircher die Bühne betritt, dann begleitet ihn auch immer der Tiroler Charme sonniger Alpen-Hänge, dann wird sein Hang zur rheinischen Mentalität Entertainment und sein gewinnendes Lächeln noch eine Spur gewitzter.

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Er erzählte und las von den Flunkereien der Trentiner Dorfkinder in den 50ern gegenüber den deutschen Touristen, die – auf dem Gipfel angekommen – sich aus ihren Messerschmitt Kabinenrollern schälten und denen sie mit ihrem Limonadenimitat eine prickelnde Mogelpackung verkauften.

Er schwadronierte über sich und Freunde aus Kindheitstagen, eine eingeschworene Bande, die Kuhfladen trocknete, um die „Alm-Torte“ dann zu kosten – „holzig, mit einer leichten Gras-Note im Abgang“– oder den Jahre dauernden Erkenntnisgewinn des Kinder-Machens und –kriegens. Mal verträumt, mal gestikulierend, immer bereit eine Anekdote anzufügen, malte er dem Auditorium das Bild seiner glücklichen Tiroler Kindheit.

Die Gepflogenheiten seiner adeligen Mutter, die Anstandsregeln und die österreichische Ja-Programmatik, die ein Nein nicht zuließ, und zu Konfusionen mit deutschen Freunden und Bekannten führte, nahm er ebenso auf’s Korn wie Gegebenheiten und Erfindungen der 50er, die sein Heimatgefühl prägten.

Ein Gefühl, dem eine Abneigung gegenüber Österreichern innewohnte, deren Kelomat (österreichischer Dampfdrucktopf oder Herdbombe) für den Tod der 24 Wellensittiche seiner Mutter verantwortlich war, die vom dampfbetriebenen Minestronestrahl noch tschiepend von der Vogelstange geschossen wurden. Ebenso mit seinen Liedern über Jungenphantasien – mal auf der Gitarre, mal auf dem Piano virtuos begleitend – befand er sich ganz in seiner Heimat, in seiner Erinnerung aufgehend.

Und so begann er irgendwann, seinen Heimatbegriff zu reflektieren, der – merkt er an – nicht nationalsozialistisch gebrochen wurde, für ihn nicht utopisch, sondern ganz real sei. Letztlich wünsche er sich für Deutschland eine unbelastete Begrifflichkeit, die wieder Stolz auf eine regionale Herkunft beinhalten dürfe.

Wer kann schon einem chitarrista italiano einen Wunsch verwehren?

Es wird nicht einfach werden, aber dann muss dieses Land vielleicht auch einmal in den sauren Kuhfladen beißen.

 

Jan Budde

Student der Buchwissenschaft und Germanistik an der Johannes-Gutenberg Universität Mainz

Der chitarrista italiano

 

 

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