Wortbruch – offener Brief des GBDA an Oberbürgermeister Peter Jung

In einem offenen Brief wirft die Genossenschaft Deutscher Bühnen- Angehöriger (GDBA) Oberbürgermeister Peter Jung vor, "in seinem Verantwortungsbereich prekäre Arbeitsverhältnisse zu dulden" und die traditionsreiche Oper Wuppertals zu zerstören.

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Der höchst umstrittene Entschluss des kommenden Opern-Intendanten Toshiyuki Kamioka, nun doch ohne festes Ensemble bei den Wuppertaler Bühnen zu arbeiten und den Stagione-Betrieb einzuführen, hat in der vergangenen Woche wieder für reichlich Pressewirbel gesorgt. Wahlweise werden Kamioka „menschliche Härte“, oder Oberbürgermeister Peter Jung, der das Vorhaben erst abgelehnt hat und jetzt doch unterstützt „die Strapazierung der Nerven von Opernliebhaber*innen und Ensemble“ vorgeworfen.

Beim Stagione-Betrieb werden ganze Produktionen anderer Bühnen nach Wuppertal geholt. Auch Co-Produktionen sind möglich. Laut Berichten der WZ aus dem vergangenen Jahr  geht es nicht ausschließlich darum Kosten zu sparen, sondern auch darum, dass Kamioka der Ansicht ist, große Opernpartien mit dem kleinen stationären Ensemble nicht adäquat besetzen zu können.

Die GDBA (Genossenschaft deutscher Bühnen-Angehöriger) und die VdO ( Vereinigung Deutscher Opernchöre und Bühnentänzer e.V.) wenden sich nun mit einem offenen Brief an Oberbürgermeister Peter Jung. Sie kritisieren, dass ohne eigenes Ensemble die Opernliebhaber verprellt würden, und das Fehlen von tariflichen Mindestbedingungen prekäre Lebensverhältnisse für die Beteiligten bedeuten würde.
Lesen Sie den Brief im Wortlaut:

Offener Brief: Wortbruch
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
als die Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger (GDBA) im Sommer 2013 vor dem Abbau des Ensembles an den Wuppertaler Bühnen gewarnt hatte, haben Sie dies dementiert und als Sommerlochdiskussion abgetan. Nun kommt jedoch die traurige Wahrheit ans Licht: Herr Kamioka hat einen Spielplan ohne Ensemble aufgestellt und seine Entscheidung mit Geldmangel begründet.
Bei der Umwandlung zur GmbH hat sich die Stadt verpflichtet, dass bei den Wuppertaler Bühnen der Normalvertrag Bühne Anwendung findet. Dass nun Gäste ohne Tarifbindung verpflichtet werden, sehen wir als klare Umgehung des Überleitungsvertrages.
„Gastspielverträge sind Verträge, die der Arbeitgeber zur Ergänzung seines ständigen Personals…..abschließt“ heißt es in § 1 V NV Bühne. Ausschließlich Gäste ohne ein eigenes Ensemble zu beschäftigen, wie es bei Ihnen geplant ist, verstößt gegen die Regelungen des Tarifvertrages.
Sind Sie der Oberbürgermeister, der im 21. Jahrhundert mitten in Deutschland prekäre Arbeitsverhältnisse ohne Tarifbindung an einem öffentlichen Theater in seinem Verantwortungsbereich duldet, die traditionsreiche Oper in seiner Stadt als Ensembletheater zerstört und gegen Verpflichtungen der Stadt sowie Tarifverträge verstößt? Das wäre nicht nur ein Wortbruch, der uns sprachlos macht, sondern zugleich ein Präzedenzfall, der der gesamten deutschen Theaterkultur unübersehbaren Schaden zufügen könnte.
GDBA und VdO fordern Sie eindringlich auf, die Wuppertaler Oper als Ensembletheater zu erhalten und Experimenten, die sich ruinös auf das Theater und seine Beschäftigten auswirken, sofort Einhalt zu gebieten.
Wir jedenfalls können unseren Mitgliedern nur empfehlen, einen solchen Umgang mit dem Wuppertaler Ensemble nicht zu unterstützen. Es gibt genügend andere Theater, die sich dem Ensemblegedanken weiterhin verpflichtet fühlen.

Mit freundlichen Grüßen
Adil Laraki 
GDBA Landesverbandsvorsitzender
Andreas Heichlinger
stellv. Landesvorsitzender VdO

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Quelle: Webseite des GDBA

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Kommentare

  1. EFRE + ESF sagt:

    Selbstverständlich wird aus einem Topf gewirtschaftet!
    Die Stadt Wuppertal macht eine sog. „Konzernbilanz“, darin werden Beteiligungsunternehmen gesondert ausgewiesen, der Rest ist der „traditionelle Haushalt“. Dann werden gesetzliche Verpflichtungen und bestehende (Alt-)Verträge erfüllt, danach kommen die neuen und freiwilligen Aufgaben. OB Jung und Kämmerer Dr. Slawig sind die Verantwortlichen für den Haushalt. Schaffen Sie es, Gelder für Leuchtturmprojekte entsprechend der Gesetze und Verordnungen durch den Rat zu bringen, bleibt für den Rest (Soziales, Kultur, Bildung, Grünflächen usw.) weniger übrig, da es ja auch „nur“ freiwillige Aufgaben sind. Aber genau dieser Anteil macht eine Stadt lebenswerter! Dies scheint aber den Verantwortlichen bzw. den Mehrheitsparteien egal zu sein, denn sie leben oftmals in einen Parallelwelt mit anderen Wahrnehmungen.

  2. s.granterl sagt:

    Jetzt wirds bunt. Heute im Solinger Tageblatt: Oper weiter mit eigenem Ensemble. Ja was nun?! http://www.solinger-tageblatt.de/Home/Rhein-Wupper/Oper-weiter-mit-eigenem-Ensemble-e9098d3a-d61d-4d34-a67d-821126294013-ds

  3. Martin sagt:

    Bitte sachlich bleiben und nicht alles, was im Moment nicht passt, in einen Topf werfen. Die Pläne und Kostenschätzungen für den Umbau des Hauptbahnhofes sind teilweise zehn Jahre alt. Zusätzlich zu städtischen Geldern werden Mittel aus anderen Haushalten genutzt. Das hat nichts mit den Wuppertaler Bühnen zu tun. Die Schließung des Schauspielhauses und die Entlassung des Ensembles sind eine Schande für diese Stadt und den Oberbürgermeister. Dennoch ist es unsachlich und populistisch, diese beiden Ereignisse in Beziehung zueinander zu setzen.

    1. Döppersberger sagt:

      Da wird nicht einfach „alles in einen Topf geworfen“! Tatsache ist, dass in unserer Stadt das Geld an allen Ecken und Enden fehlt, sei es in der Jugend- und Sozialarbeit, dem Straßenbau oder wie in diesem Beispiel eben der Kultur. Und da ist es schon eine erstaunliche Diskrepanz, dass hier mal eben 35 Mio mehr in einen Bahnhofsumbau gesteckt werden, um damit Billiganbieter und Steuerverweigerer wie Primark anzulocken, worunter dann gutsortierte seriöse, alteingesessene und steuerzahlende Einzelhändler leiden. Und vor allem ist ja jetzt schon abzusehen, dass die 35 Mio nicht ausreichen werden. Der nächste Wortbruch ist also schon vorprogrammiert!

    2. wuppertalerin sagt:

      Die Kostenschätzungen hätten sich durch einfache Beobachtung der Baupreisindizes ( Daten dazu liefert vierteljährlich das statistische Bundesamt) stetig aktualisieren lassen. So hält man es bei Kostenschätzungen langfristiger Projekte in der freien Wirtschaft. Eine „plötzliche“ und „unvorhersehbare“ Kostenerhöhung für den Umbau kann es also nicht gegeben haben, egal wie alt die Pläne sind.
      In der freien Bauwirtschaft sitzt ein Projektleiter, der die Baupreisentwicklung nicht beobachtet, allerdings sehr schnell auf einem heißen Stuhl……….“Wortbruch“ halte ich in diesem Zusammenhang für nett formuliert.
      Die Schließung des Schauspielhauses und erst recht die Entlassung des Ensembles sind eine Schande, da gebe ich Ihnen Recht. Aber wofur wird Tafelsilber „verkauft“? Vielleicht für den Umbau Döppersberg……..?

  4. Döppersberger sagt:

    Schönes neues Wuppertal: Kein Geld für Kultur, aber für überdimensionierte Bahnhöfe sind mal eben 35 Millionen übrig. Wortbruch ist der richtige Ausdruck, sowohl was die Streichung des Ensembles angeht wie auch die versprochene und damals vom Stadtrat beschlossene Kostendeckelung für den Döppersberg. Offensichtlich gibt es nur noch die WfW und DIE LINKE, die Politik im Sinne der Wuppertalertinnen und Wuppertaler machen. Gut dass bald Kommunalwahlen sind!

    1. wuppertalerin sagt:

      Sommer 2013 -Sommer des Wortbruchs: Ensembletheater, Kostendeckelung, keine Sperrung der B7, Bürgerbeteiligung…etc. etc.

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