Fast alle sind mit dabei

Im Bergischen Land haben sich zahlreiche Krankenhäuser zusammengetan, um gemeinsam ein Bergisches Traumanetzwerk zu gründen

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Nach drei Jahren Vorarbeit hat die Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) das Bergische Traumanetzwerk zertifiziert. Das bedeutet: Alle am Netzwerk beteiligten Krankenhäuser können Unfallverletzte „nach neuesten Qualitätsvorgaben umfassend behandeln“, berichtet Andreas Dávid, Chefarzt des Zentrums für Unfallchirurgie und Orthopädie am Helios-Klinikum Wuppertal. Denn das Ziel der DGU ist es nach eigenen Angaben, „jedem Schwerverletzten in Deutschland rund um die Uhr die bestmögliche Versorgung unter standardisierten Qualitätsmaßstäben zu ermöglichen“.
Dass das nicht immer der Fall ist, zeigt der Vergleich mit den USA, sagt Dávid: Dort ist die Überlebensquote besser als in Deutschland; die Sterblichkeit von Schwerverletzten lag bis zur Jahrtausendwende noch bei bis zu 25 Prozent. Weil das deutsche Rettungssystem besonders gut ist, musste das Problem im Bereich der weiterführenden Strukturen liegen, die nicht in allen Häusern gleich sind.
Doch es gibt auch weiterhin Unterschiede, die schon alleine die Größe der Krankenhäuser – und damit verbunden ihre Ausstattung und Struktur – vorgibt. So wurden das Helios-Klinikum Wuppertal und das Städtische Klinikum Solingen mit dem Siegel „überregionales Traumazentrum“ ausgezeichnet – womit die höchstmögliche Qualitätsstufe der DGU erreicht sei, wie Dávid und sein Kollege Christian Voigt, Chefarzt der Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie und Handchirurgie am Klinikum Solingen, betonen.
Lokale Traumazentren sind das Petrus-Krankenhaus in Wuppertal, die Sankt-Josef-Krankenhäuser in Hilden und Haan, die Sankt-Lukas-Klinik in Solingen und das Krankenhaus Wermelskirchen. Dort wird die Basisversorgung der Schwerverletzten sichergestellt. Dafür muss zum Beispiel ein Schockraum vorhanden sein, in dem Fachärzte und Pflegekräfte rund um die Uhr Bereitschaft haben.
Fehlen noch die regionalen Traumazentren: Diese Lücke könnte das Bethesda-Krankenhaus in Wuppertal schließen, das seit 2010 zum Traumanetzwerk Düsseldorf gehört. Auffallend in der Liste ist zudem, das Remscheid nicht vorkommt. Auch dort gibt es mit dem Sana-Klinikum ein regionales Traumazentrum, das sich jedoch 2011 dem Traumanetzwerk Region Köln angeschlossen hat. Beide werden jedoch früher (Bethesda) oder später ins bergische Netzwerk integriert, ist sich Dávid sicher. Mit dem Bethesda-Krankenhaus jedenfalls liefen bereits Gespräche.
Bei regionalen Traumazentren müssen neben dem Schockraum die Gefäßchirurgie und die Neurochirurgie oder der Neurotraumatische Dienst in ständiger Verfügbarkeit sein. Bei überregionalen Zentren kommen weitere Fachabteilungen wie die Thoraxchirurgie, die Augenheilkunde, die Urologie, die Kinderchirurgie und andere hinzu. Diese müssen zudem jederzeit zwei Schwerverletzte aufnehmen können.

Kontakte formalisiert

Doch was macht nun das Netzwerk aus? Auch schon vorher habe es Kontakt zwischen den Unfallchirurgen der Kliniken im Bergischen Land gegeben, mit den Beteiligten am Traumanetzwerk wurde der Kontakt nun aber formalisiert und in klare Bahnen gelenkt, erklärt Voigt. Das beinhaltet zum Beispiel, das alle sieben Krankenhäuser die Telefonnummern der diensthabenden Notärzte haben – und nicht etwa erst über die Zentrale gehen müssten, wenn ein Unfallopfer schnell in ein anderes Haus verlegt werden muss. Das gilt sowohl dann, wenn ein Patient in einem kleineren Haus nicht weiter behandelt werden kann, als auch in umgekehrter Richtung zur Entlastung der überregionalen Zentren, um dort wieder freie Kapazitäten zu schaffen, wenn es der Zustand des Patienten zulässt. Zudem bietet das Bergische Netzwerk den Lückenschluss zum Traumanetzwerk Rhein-Ruhr und eben auch zu Düsseldorf und Köln.
Für die meisten der Netzwerk-Beteiligten hieß die Zertifizierung, in Verbesserungen zu investieren, zum Beispiel in die Einrichtung des Schockraums für die Erstbehandlung oder auch in das Training der Mitarbeiter, sagt Voigt. Dávid kann das nur bestätigen, investierte das Helios-Klinikum doch insgesamt 1,7 Millionen Euro in die Zertifizierung. Im Solinger Klinikum wurde laut Voigt ein mittlerer sechsstelliger Betrag gestemmt, der vor allem in neue Geräte geflossen sei. In Haan wurden nach Angabe von Jürgen Neumann, Chefarzt der Chirurgie und Orthopädie, 150.000 Euro in ein neues Beatmungsgerät und neue Monitore gesteckt. Und in Hilden seien es vor allem personelle Umstrukturierungen gewesen, in die man investiert habe, um das Zertifikat zu bekommen, ergänzt Hans Bayer-Helms, Chefarzt der dortigen Unfallchirurgie.
Ziel war es, dass alle Schwerstverletzten in der „kritischen ersten Stunde“ in allen sieben Krankenhäusern den gleichen Behandlungsstandard bekommen, keiner aufgrund der Krankenhausgröße benachteiligt ist. Im Gegenteil: Alle sieben Häuser verfügen laut Zertifikat über die gleiche Ausstattung und folgen standardisierten  Handlungsabläufen. Zudem ist damit die kontinuierliche Ausbildung und Qualifizierung der Mitarbeiter gewährleistet.
Das Bergische Netzwerk beteiligt sich daneben am Deutschen Traumaregister der DGU. Damit verpflichten sich alle sieben beteiligten Krankenhäuser, die Behandlungsdaten von Unfallverletzten anonymisiert in das Register einzupflegen. So sollen fundierte Aussagen zur Versorgungsqualität ermöglicht werden.
Und was haben die Häuser selbst davon? Geld verdienen könne man mit einem Traumazentrum nicht, sind sich alle einig. Aber es diene neben der Verbesserung der Qualität durchaus auch der Imageverbesserung, die die Häuser für den Nachwuchs interessanter mache, sagt zum Beispiel Matthias Nossek, Chefarzt der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie am Petrus-Krankenhaus: „Je besser die Klinik, desto eher interessieren sich die jungen Ärzte für sie“.

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