29.06.2012

Türken jubeln für Deutschland! Echt?

Dönerbuden, Obst-/Gemüseläden mit deutschen Flaggen, Türkeistämmige die sich mit den deutschen Farben bemalen und das deutsche Trikot tragend, die Siege der deutschen Nationalmannschaft feiern. Dieses Verhalten stösst gerade bei Menschen, die Integrationsarbeit leisten, auf Unverständnis

Bekir Berkant Çelik (33), der neben anderem Engagement, beim Theaterstück „Stefanie integriert die Öztürks“ als Veranstalter mitwirkte, postete am 22.Juni 2012, auf dem sozialen Netzwerk Facebook einen Kommentar, der für viel aufsehen sorgte. Er schrieb: „Ich verstehe unsere Türken nicht. Jene die ständig über Deutsche schimpfen haben nun ihre Gesichter mit der deutschen Fahne bemalt und rennen mit deutschen Fahnen rum … ich sage nur Buhh“ (Übersetzt aus dem Türkischen).

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Die Reaktionen darauf waren teils heftig. Neben Zustimmung zu seiner Aussage, wurde er konfrontiert mit dem Vorwurf der Integrationsverweigerung und Deutschenfeindlichkeit, um nur jene Kommentare zu bennenen, die nicht reine Beleidigungen darstellen.

Aber was meinte er damit? Warum postet jemand, der als Vorbild für gelungene Integration gelten kann, sowas?

„Ich fühle mich völlig missverstanden“ sagt Bekir Berkant Çelik, der die heftigen Reaktionen nicht nachvollziehen kann.

Was war der Auslöser für deinen Post?

B. B. Çelik: Durch eine Verspätung der deutschen Bahn, habe ich, in Wuppertal angekommen, meinen Anschlussbus verpasst und musste zu Fuß nach Hause laufen. Als ich aus dem Bahnhof herauskam fiel mir zum ersten mal die deutsche Fahne an den Dönerbuden auf. Vor den City-Arkaden standen Gruppen von türkeistämmigen Jugendlichen, die alle mit Deutschlandfahnen im Gesicht bemalt waren, die deutsche Fahne schwenkten und den Sieg der deutschen Nationalmannschaft über Griechenland feierten. Dieses Bild wiederholte sich auf meinem Heimweg in die Nordstadt und es wunderte mich, da ich viele dieser Jugendlichen kenne, dass sie dieses taten.

Warum hat es dich gewundert?

B. B. Çelik: Weil die alle so integriert waren, halt so, wie die Deutschen die gerne hätten. (Er lacht)  Es hat mich irgendwie zum Teil gefreut, aber irgendwie auch zum grübeln gebracht und ein Gefühlchaos ausgelöst. Es waren die gleichen Jugendlichen und Dönerbuden, die eigentlich für Deutschland und Deutsche nichts übrig haben, die Deutschland immer kritisieren, alles verneinen, auf ihre kurdische- oder türkische Herkunft pochen, ständig wiederholen und postulieren, dass sie Kurden bzw. Türken sind und auf einmal sah ich sie alle Deutschland feiern. Das hat mich voll überrascht und vor allem negativ überrascht. Ich mag das Wort „Integration“ nicht, auch wenn ich in diesem Bereich viel mache, aber es sind die gleichen Personen, die jegliche Kooperation, Mithilfe, Mitgestaltung und Zusammenarbeit verweigern, wenn es um sinnvolle Integrationsprojekte geht, mit dem Verweis auf ihre Herkunft und ihrem Stolz. Jetzt durch die Euromeisterschaft ist auf einmal alles anders? Wenn ich diese Resonanz, diese Leidenschaft auch bekommen würde, wenn wir unsere Projekte für Integration machen wäre ich wirklich froh! Da kommt nämlich nichts von denen! Es ist einfach nur verlogen für mich, wenn jene die 23 Monate auf Deutschland schimpfen und nichts für dieses Land übrig haben, auf einmal alle Deutsche sind.

Kennst du die Beweggründe der Menschen?

B. B. Çelik: Nun, aus den Kommentaren auf meinen Post, kann man zwei Hauptargumente formulieren, womit dieses Verhalten begründet wird. Dieses deckt sich auch mit den Aussagen der Ladenbesitzer und jener Jugendlichen die ich gefragt habe. Erstens: „Wir leben hier, verdienen hier unser Geld und daher sind wir das den Deutschen schuldig“ und Zweitens: „Ich habe die deutsche Fahne in meinen Laden aufgehangen, weil dann die Deutschen hier eher einkaufen und das toll finden!“

Ich weiss nicht, welche Aussage mich mehr aufregt! Es ist meiner Meinung nach einfach respektlos und unehrlich. Wenn diese Menschen dazugehören wollen, dann sollten sie das im Alltag zeigen. Immer und nicht nur während der WM oder der EM. Sie sollen ihren Integrationswillen immer und überall zeigen, im Alltag, denn die EM ist am Sonntag vorbei.

Dann bin ich mir sicher, dass das Gejammer wieder beginnt, wie schlecht doch alles ist! Da ist mir einer wie Du tausendmal lieber, der ganz klar sagt, warum soll ich Deutschland feiern! Dabei bist du tausendmal mehr integriert als diese ganzen Typen. Du willst nicht krampfhaft dazugehören, du tust es einfach. (Er lacht)

Meine Position ist ja klar. Deutschland supportet die PKK und macht diesbezüglich eine verlogene Politik, die der „Selbstverarschung“ dient. Wenn ich doch ständig beleidigt werde, angefangen bei den Kampagnen der Union, die medialen Inszenierungen gegen uns, verbunden mit der Islamhetze. Der Umgang mit den NSU-Morden und vieles vieles Andere motiviert mich nicht gerade dazu, dieses Land zu feiern, dass mir auf allen Ebenen sagt, dass es mich nicht will. Ich bin nur ehrlich!

B. B. Çelik: Das mag ich ja auch an dir und kritisiere es bei den Anderen. Du bist ehrlich und hast deinen Standpunkt, den ich sehr gut verstehe. Ich sehe es doch an mir. Während man mir früher vorgeworfen hat, dass ich voll eingedeutscht sei, wirft man mir heute vor, dass ich voll der Türke geworden bin. Dieses Land macht es einem nicht leicht sich hier wohlzufühlen! Das Verhalten der Türkeistämmigen ähnelt dem Verhalten der Politik in dieser Stadt, die sich auch nur zu bestimmten Festakten oder Terminen bei den Immigranten zeigen, natürlich gemeinsam mit der Presse, damit sie als liberal gelten. Das sie die restliche Zeit dieses eben nicht tun, macht das Ganze so verlogen. Versteh mich nicht falsch. Ich habe auch viele türkeistämmige Freunde, die es wirklich ernst meinen, wenn sie Deutschland feiern. Sie tun das aber immer und nicht nur während eines Spektakels. Diese Menschen sind integriert aus Überzeugung und nicht als Show!

Was ist dein Resümee zur EM 2012, jetzt wo Deutschland ausgeschieden ist?

B. B. Çelik: An den Vorfällen gestern kann man sehr gut erkennen, dass es wirklich schwer ist in Deutschland. Es ist noch eine Menge Arbeit zu erledigen in diesem Land, wenn wir dort ankommen wollen, wo wir gerne wären! Auf beiden Seiten. An den rechtsradikalen Entgleisungen gestern kann man sehr gut ableiten, dass es immer Menschen in diesem Land geben wird, die Menschen, die anders aussehen niemals akzeptieren werden, ganz egal wie sehr sich diese bemühen. Die Anderen werden immer die Anderen bleiben und da ist natürlich gerade das verlogene Verhalten unserer Türkeistämmigen nicht besonders hilfreich. Wir müssen ehrlich sein, auf beiden Seiten und so, da bin ich mir sicher, werden wir Schritt für Schritt dem Ziel, eines gleichberechtigten Zusammenlebens von Fremdstämmigen und Biodeutschen näher kommen. Ich gebe meinen Glauben daran nicht auf. Aber Ehrlichkeit und nur Ehrlichkeit im Umgang miteinander kann dazu führen. Wie sagte bereits Hz. Mevlana Celaleddin Rumi, der große islamische Gelehrte: “ Olduğun Gibi Görün ya da Göründüğün Gibi Ol – Sei so, wie du dich zeigst oder zeig dich so, wie du bist“!

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Kommentare

  1. Moritz sagt:

    Wer ist nicht gerne bei den Siegern? Wenn die eigene Mannschaft nicht dabei ist erinnert man sich gerne an den „Doppelpaß“. Menschlich, allzumenschlich!? Und wie immer geht es um gute Geschäfte. Scheinheilig: Wie überall auf der Welt.

  2. Emre sagt:

    Anders als du habe ich auch viele Migranten(-kinder) im Italien-Dress gesehen – und das muss auch nicht sein! Fußballspiele lassen sich ziemlich gut objektiv ansehen, selbst wenn die Spannung dann nicht dieselbe ist, aber zumindest beweißt man dadurch Ehrlichkeit und Charakter, so wie es Hz. Mevlana sicher meinte.

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