Lisa ohne Zahn

Aufklärung in Reimen: „Lola rast und andere schreckliche Geschichten“ von Wilfried von Bredow, garstig-schaurig illustriert von Anke Kuhl, ist unser (Kinder-) Buch des Monats Oktober.

Geschichten, die das Leben schreibt: Lisa ohne Zahn hat partout keine Lust, die Schneidewerkzeuge zu pflegen und schlägt alle gut gemeinten diesbezüglichen Ratschläge in den Wind. Als sie, durchaus als Demo gedacht, ihre Beißerchen in einen schönen grünen Apfel schlägt, merkt sie mit Schrecken: „Alle ihre Zähne stecken / in dem Apfel kreuz und quer. / Im Mund hat sie nun keine mehr“ (Seite 27). Die Reime und die „drolligen Bilder“ erinnern an die „schwarze Pädagogik“ des „Struwwelpeter“-Autors Dr. Heinrich Hoffmann von der Mitte des vorvorigen Jahrhunderts. Aktuell sind sie geblieben und erscheinen immer wieder neu. Eine gewisse Robustheit kann man auch den hier vorzustellenden Storys nachsagen, erschien das ursprünglich 2009 erschienene Werk doch im vorigen Jahr bereits in der fünften Auflage.

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In der Titelgeschichte düst Lola mit hohem Tempo durch die Stadt, sämtliche guten Ratschläge ihrer Mutter ignorierend, und gerät schließlich unter einen Lastwagen:

„Und nach drei Tagen voller Klagen
wird Lolas Sarg ins Grab getragen.
Das Laufrad legt man auch dazu.
Jetzt geben beide endlich Ruh!

Ja nun, die Ampel stand auf Rot.
Wer weiterrast, ist eben tot.
In Lolas Straße wird es still,
weil keiner hier mehr rasen will“ (S. 10).

Drastisch: Es soll Kinder geben, kolportierte die „Berliner Morgenpost“ am 16.5.2009, „bei denen sich der Sprachgebrauch platt wie Lola bereits durchgesetzt hat“.

Nicht ganz so martialisch geht es in „Maltes Zimmer“ zu, das derart von Spielzeug, Bilderbüchern und Klamotten zugemüllt ist, dass nur noch die Feuerwehr helfen kann und „Maltes ganzen Plunder“ achtkantig auf die Straße befördert. Und die Moral von der Geschicht’: „Maltes Zimmer ist ganz leer. / Jetzt hat er gar kein Spielzeug mehr“ (S. 24).

Sieben Geschichten sind es insgesamt, die von Bredow und Kuhl großformatig gereimt und gezeichnet haben. Der Bracher-Schüler Wilfried von Bredow ist einer der bekanntesten deutschen Politologieprofessoren, Kuhl ist mit einer Reihe von Kinderbüchern hervorgetreten („Oma ist echt toll!“, „Vom Huhn, das nicht wusste, wohin es sein Ei legen sollte“). Wer Wilhelm Busch liebt, aber auch Kinder gern hat, der tut gut daran, die sieben „schaurig-schönen Geschichten für mutige Kinder und ängstliche Erwachsene“ (Klappentext) zu studieren. Es darf laut gelacht werden.

 

MATTHIAS DOHMEN

 

Wilfried von Bredow, Lola rast und andere schreckliche Geschichten. Mit drolligen Bildern von Anke Kuhl, Leipzig: Klett-Kinderbuch 52015, ISBN 978-3-95470-001-1, 32 S., Euro 13,95, www.klett-kinderbuch.de.

 

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